Prozesse professionell dokumentieren

Prozesse professionell dokumentieren

„Dann lass uns den Prozess mal aufmalen“ – ein häufig gehörter Satz. Prozesse müssen aus unterschiedlichsten Gründen dokumentiert werden: beispielsweise für Zertifizierungen, als Beschreibung, wie eine Automatisierung mit Hilfe von Software geschehen soll, für eine Schulungsunterlage oder zur Geschäftsoptimierung mit Zeit- oder Kostensenkung. Was zunächst einfach klingt, ist dabei durchaus anspruchsvoll. Schließlich geht es nicht nur darum, eine Art Zeichnung zu erstellen, auch wenn es häufig genug so verstanden wird.

Damit Prozesse allgemein verständlich sind muss beispielsweise sichergestellt sein, dass sie in gleicher Art und Weise beschrieben werden. Dies ist vergleichbar mit der Notenschrift, dem Standard in der Musik. Jeder Musiker weiß sofort „was gespielt wird“, weil es eine universelle Sprache gibt. Als universelle Sprache des Geschäfts können Prozesssprachen angesehen werden. Ein Ablauf, der in in einem bestimmten Standard beschrieben wurde hilft mir, Kolleginnen und Kollegen, Expert:innen aus der IT, Dienstleistern oder Lieferanten auf transparente Weise klar zu machen, in welchen Schritten wie gearbeitet werden soll.

So vielfältig wie die Einsatzmöglichkeiten für eine Prozessdokumentation ist auch die Auswahl der Beschreibungssprache. Hier ist es anders als in der Musik, wo man sich im Wesentlichen auf eine Sprache einigen konnte (Zwölftonmusik mal ausgenommen). Es gibt also Flussdiagramme, die häufig in der IT verwendet werden, erweiterte Ereignisgesteuerte Prozessketten (eEPK’s) mit einem Fokus auf Zwischenergebnisse, Swimlane Diagrams für die Darstellung von Schnittstellen zwischen Organisationseinheiten oder die heute häufig verwendete Sprache Business Process Modeling Notation (BPMN) in der Version 2.0. Je nach Detaillierungsgrad kann es hilfreich sein, eine unterschiedliche Sprache zu verwenden, allerdings sollten unternehmensweite Standards geschaffen werden, damit kein Wildwuchs herrscht und die Verständlichkeit gewährleistet ist.

Sobald also eine Modellierungssprache ausgewählt ist, kann es losgehen. Die einfachste und schnellste Form, bei der gleichzeitig die Spezialisten für das jeweilige Geschäft eingebunden werden können sind meist „Brown Paper Sessions“. Hier wird auf dem braunen Papier einer Moderationswand mit Hilfe von Moderationskarten gemeinsam ein Prozess dokumentiert. Das benötigt nicht viel Material und ist sehr transparent und nachvollziehbar. Da aber Geschäftsvorfälle in unterschiedlichen Formen und an unterschiedlichen Stellen im Unternehmen vorkommen, kann es auch sinnvoll sein, die Dokumentation gleich so aufzubauen, dass Prozessbestandteile wiederverwendbar sind. Damit muss die Arbeit nicht doppelt und dreifach gemacht werden, wenn viele Prozesse beschrieben werden sollen. Stattdessen können z.B. Schritte oder Organisationseinheiten die einmal beschrieben wurden in immer gleicher Form wieder eingesetzt werden. Damit werden Unklarheiten vermieden und Aufwand reduziert. Allerdings benötigt man dann schon eine gute Modellierungssoftware für die Dokumentation. Die Nutzung einfacher „Zeichen“-Tools ist dementsprechend oft gar nicht so hilfreich, wie es zunächst aussieht. Der reflexhafte Griff zu Office-Standardsoftware wie Powerpoint oder – schon etwas professioneller – Visio wird später oft bereut. Spätestens, wenn eine zweistellige Anzahl von Prozessen beschrieben werden soll, ist aus Erfahrung selbst Excel mit seiner logischen Struktur und Verknüpfungsmöglichkeit besser geeignet als manches auf das Zeichnen fokussierte Programm.

Dazu gehört es auch, sich über die Begriffe klar zu werden, die verwendet werden, damit z.B. ein klarer Zusammenhang zwischen Beschreibung und Anwendungssystem besteht. Als Beispiel kann hier der Begriff „Kunde“ dienen. Ab wann sprechen wir in einem Prozess von einem Kunden? Sobald er eine Anfrage geschickt hat? Sobald eine Bestellbestätigung verschickt wird? Für die Softwareerstellung kann dies sehr entscheidend sein, da ein Feld (oder zwei?) entsprechend angelegt und später gepflegt werden muss. Hierzu siehe auch einen späteren Beitrag zur Nutzung von Glossaren im Prozessmanagement. Das Ringen um die treffenden Begriffe schult nebenbei häufig auch das gegenseitige Verständnis in der Organisation (wenn die Teams für die Dokumentationsworkshops interdisziplinär besetzt werden, was sehr zu empfehlen ist).

Am Ende gehört etwas mehr Planung und Know-how dazu, wenn die Prozesse auch das ausdrücken sollen, was im Unternehmen geschieht (oder geschehen soll). Es ist eben doch etwas mehr als „Malen“.

Zurück zur Übersicht